Am 17. August 2020 wurde in Nörvenich Militärgeschichte geschrieben, zum ersten Mal landeten Kampfflugzeuge der Israelischen Luftwaffe in Deutschland. Es war der Start der Übung "Blue Wings 2020". Gut 1500 Spotter hatten sich auf den Weg in den Westen unseres Landes gemacht, um bei diesem historischen Ereignis dabei zu sein. Die eingesetzten Polizisten hatten gut zu tun die engen Straßen rund um den Fliegerhorst frei zu halten. Immer wieder schauten wir in die Smartphones, um die Position der Flugzeuge zu tracken. Den Anfang machte schließlich eine Hercules, die direkt aus Nevatim kam.
Danach wieder Ruhe, zu tracken waren eh nur die Gulfstream und die Boeing 707 Tankflugzeuge, welche für sich im Jahr 2020 schon ein Highlight sind. Und so ging es dann am Mittag weiter mit dem wohl interessantes Flugzeug der Mission - einer Gulfstream G-550CEAW "Nachshon Eitam". Etwa zur gleichen Zeit starteten einige Eurofighter um die israelischen Piloten abzuholen. Was dann folgte war dem Anlass sehr würdig, in verschiedenen gemischten Formationen überflogen Maschinen beider Luftwaffen den Flugplatz Nörvenich.
Unter dem Jubel der umstehenden Fotografen landeten dann sechs F-16 der IDF von der 101. und 105. Staffel, gefolgt von ihren begleitenden Tankflugzeugen. Und als wenn es im Drehbuch gestanden hätte, kam genau in diesem Moment die Sonne hervor. Den Abschluss des Tages bildete eine weitere Gulfstream, eine G-550AEW "Nachshon Shavit" mit dem Chef der Israelischen Luftwaffe Generalmajor Amikam Norkin an Bord. Eskortiert wurde er vom Generalinspekteur der Luftwaffe Generalleutnant Gerhatz in einem Eurofighter Typhoon.
Am nächsten Tag begann dann die eigentliche Übung noch nicht. Es folgte ein historischer Überflug der Formation über den Fliegerhorst Fürstenfeldbruck und das ehemalige KZ Dachau. Beides Orte der Geschichte, die Deutsche und Israelis verbinden. Im Sommer 1972 endete in Fürstenfeldbruck die Geiselnahme der israelischen Olympiamannschaft durch palästinensische Terroristen in einem Debakel, was schlussendlich in Deutschland zur Gründung der Grenzschutzgruppe 9 führte. 12 Personen starben bei dem Versuch der Polizei, die Geiseln zu befreien, 11 davon waren israelische Sportler.
Im Konzentrationslager wurden mindesten 200.000 jüdische Menschen gequält und erniedrigt, rund 41.500 von ihnen starben hier. Für die anderen führte der Weg weiter in die Vernichtungslager im Osten. Als das Lager am 29. April 1945 von US-Soldaten befreit wurde, lebten nur noch wenige Gefangene. Viele von ihnen waren durch Hunger und Fleckfieber dem Tod näher als dem Leben. Einen Tag später beging Adolf Hitler in Berlin Selbstmord. Der Krieg dauerte noch weitere 9 Tage an.
Einer der mitgereisten Piloten, ist der Enkelsohn eines ehemaligen Lagerinsassen. Sein Großvater war der einzige in der Familie, der die Vernichtung überlebte und später den Staat Israel mitaufbaute. Piloten beider Nationen würdigten die Opfer beider Orte mit einer gemeinsamen Formation und der Kranzniederlegung in der Gedenkstätte. Und dann ging es los mit der "Blue Wings 2020".
Israel ist kein Mitglied der NATO und hat beim täglichen Flugbetrieb seine eigene Procedures. Hier in Nörvenich musste man sich an NATO-Standards halten und so war Woche I auch die Vorbereitung auf die zweite Hälfte des Aufenthalts. In der letzten Woche war man Teil der MAG Days (Multinational Air Group Days). Daran nahmen außer den F-16 aus Israel auch fünf Saab JAS 39 Gripen aus Ungarn, sowie Tornados des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 aus Büchel teil. Die Saab waren während der Übung auf dem Fliegerhorst Jagel in Schleswig-Holstein stationiert.
Wichtigstes Ziel war der Wissenstransfer in beide Richtungen. Deutschland und Ungarn können einiges lernen von der Israelischen Luftwaffe, die in einem geopolitisch anderen Kontext operiert und wie kaum eine andere Luftwaffe der Welt im scharfen Einsatz gefordert ist. Ziel bei diesen MAG Days war die Gewinnung und Erhaltung der Lufthoheit im Einsatzgebiet, durch Bekämpfung gegnerischer Luftabwehr.
So schnell wie sie gekommen waren, waren sie auch wieder weg. Auch ohne Corona wären diese zwei Wochen sicherlich eines der Highlights des Jahres 2020 gewesen. Für die Luftwaffe war es der längst fällige Gegenbesuch nach zwei erfolgreichen Teilnahmen unserer Eurofighter an der Übung "Blue Flag" in Israel. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht der letzte Besuch in Deutschland war.
Zum Ende noch die Bilder von Richie: