In den meisten Ländern auf der Welt verfügt nicht nur die Luftwaffe über die Flugzeuge und Hubschrauber, sondern auch die anderen beiden Teilstreitkräfte. So auch in Japan. Gemessen an der Bundeswehr, sind die japanischen Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte (JGSDF) sehr groß. Die Truppenstärke liegt seit vielen Jahren bei ca. 150.000 Mann. Zum Vergleich, das deutsche Heer als größte Teilstreikraft umfasst ca. 63.000 Soldaten in Friedenszeiten. So muss auch entsprechend umfangreiches Material vorgehalten werden, was für die Luftbewegliche Komponente bedeutet, dass allein noch über 150 Bell UH-1 im Dienst stehen. Das Rückgrat der Kampfhubschrauber bildet die ebenfalls von Bell entwickelte AH-1 Cobra. Diese wurden jedoch bei Fuji in Lizenz gefertigt.
Japan ist der derzeit größte ausländische Betreiber der CH-47 Chinook. Neben einigen bei der Luftwaffe, werden die meisten Maschinen dieses Typs bei der 1st Helicopter Brigade in Kisarazu eingesetzt. Neben dem Truppentransport finden sie vor allem im Katastrophenschutz Verwendung. Als mittlerer Transporthubschrauber dient der UH-60 Blackhawk von Sikorsky. Ihr Einsatzgebiet befindet sich im Süden des Landes auf den Insel Kyushu und Okinawa. Zur Aufklärung verwendet man in Japan noch immer den OH-6. Der ursprünglich von Hughes Helicopters entwickelte kleine und extrem wendige Hubschrauber haben schon viele Jahre auf dem Buckel und sollten eigentlich längst ausgemustert sein. Der von Kawasaki entwickelte Nachfolger OH-1 Ninja war zum Zeitpunkt unseres Besuchs jedoch gegroundet.
Wir hatten während unserer letzten Reise nach Japan die Gelegenheit auf der wohl geschäftigsten Basis der JGSDF in Akeno hinter die Kulissen der Fliegerschule der JGSDF zu schauen. Die Schule verteilt sich über drei Standorte; Akeno in der Präfektur Mie unweit von Nagoya, Kasumigaura in Ibaraki nördlich von Tokyo und Utsunomiya in der Präfektur Tochigi. Auch die Aufgaben sind verteilt auf die drei Standorte. In Utsunomiya findet die Ausbildung des technischen Personals statt, in Kasumigaura ist die Entwicklungs- und Testabteilung angesiedelt und der fliegerische Nachwuchs ist in Akeno. Schon im zweiten Weltkrieg wurde in Akeno geflogen, damals allerdings noch keine Hubschrauber, sondern Flugzeug der kaiserlichen Marine.
Die Hubschrauber der JGSDF kamen erst in den 1950´er Jahren hierher. Gegründet wurde die Fliegerschule der japanischen Streitkräfte im Oktober 1952 noch in Hamamatsu. Ab 1954 gab es eine Schule nur für die JGSDF, welche ihr Training 1955 dann nach Akeno verlagerte. Daneben beheimatet die Base noch einen Einsatzverband, des 5th Antitank Btn., welches dem Central Command unterstellt ist und die AH-1S Cobra verwendet. In einem Hangar befindet sich die Teststaffel für die Erprobung des OH-1 Ninja. Im März dieses Jahres wurde die Erprobung nach mehrjähriger Unterbrechung wieder aufgenommen. Seit 2015 standen die eleganten kleinen Zweisitzer am Boden, nachdem es zu technischen Problemen an einem Triebwerk gekommen war. Um nicht den Verlust eines Hubschraubers zu riskieren wurde der Flugbetrieb sofort unterbrochen, bis das Triebwerk überarbeitet wurde.
Bei unserem Besuch zur jährlich stattfindenden Airshow gab es leider nicht das beste Wetter. Nach einem verregneten Morgen, war es wenigsten am Nachmittag trocken. Trotz der Umstände kamen mehrere 10.000 Besucher auf den Platz. Den Zuschauern wurde Allerhand geboten. Der Flugbetrieb startete nach einer Ansprache des Schulleiters mit dem zeitglichen Start von 22 Hubschraubern aller Typen. Ein beeindruckendes Beispiel für japanische Perfektion. Danach präsentierte sich jeder Hubschraubertyp mit seinen individuellen Fähigkeiten. Und es gab ein Motoradballet in Form eines Formationsfluges. Dies diente vor allem der Nachwuchsgewinnung der Jüngsten und verfehlte seine Wirkung nicht. Eine besondere Attraktion waren die angebotenen Rundflüge mit der CH-47 Chinook. Leider durften wir nicht mit, wir zahlen dort ja auch keine Steuern.
Abschließend noch ein paar Worte zur fliegerischen Ausbildung. Diese schließt sich an die rund einjährige militärische Basisausbildung an. Die ersten Schritte unternehmen die zukünftigen Luftfahrzeugführer auf der Enstrom 480 aus den USA. Danach setzen sie ihre Ausbildung auf der OH-6 fort. Ist das entsprechende fliegerische Potential vorhanden, werden sie für ein anderes Waffensystem zugelassen. Die Entscheidung darüber obliegt dem jeweiligen Fluglehrer. Nur wer die entsprechenden Fähigkeiten vorweisen kann, erhält eine Einstufung als Pilot 1. Klasse und bekommt die Chance Typen wie die UH-60, die AH-1 oder den AH-64D Apache zu fliegen. Für alle anderen ist bei der Bell UH-1 Schluss. Auch hier gibt es nochmals eine Abstufung zwischen Pilot und Copilot. Dies mag für Außenstehende sicherlich befremdlich anmuten, dient aber der Flugsicherheit und stellt sicher, dass nur die Besten der Besten am Knüppel eines Kampfhubschraubers sitzen.
Die Army ist Japans größte Teilstreitkraft, und mit rund 150.000 Soldaten ungefähr so groß, wie die Deutsche Bundeswehr in ihrer Gesamtheit. Dies ist auch nötig, da Japans Nachbarländer nicht unbedingt Verbündete sind. Im Norden Rußland mit einem schwelenden Konflikt um die Kurileninseln und im Westen China und Nordkorea. Aus diesem Grund sind auch die US Streitkräfte im Land sehr präsent. Die Flotte an Hubschraubern umfasst rund 350 Maschinen aller Typen. Diese sind meist aus amerikanischer Produktion oder in Lizenz gefertigt. Einzig der OH-1 Ninja ist eine Eigenentwicklung, welche den OH-6 in der Rolle des leichten Aufklärungshubschraubers abgelöst hat. Bei unserem Besuch flogen diese leider nicht, da sie nach einem Unfall gegrounded waren.
(alle Bilder by Richie Becke)