Am 23. September 2017 war es endlich soweit, die ehemalige Lufthansa-Maschine "Landshut" kehrte nach Deutschland zurück. Ein glücklicher Moment, auf den die Verantwortlichen seit Monaten hingearbeitet hatten. Gegen 09:20 Uhr brach die Silhouette der riesigen Antonov An-124 durch die Wolken über Friedrichshafen. In ihrem Laderaum befand sich der Rumpf, die Tragflächen und das Seitenruder der D-ABCE. Die kleineren Teile folgten wenige Stunden später an Bord einer Ilyushin Il-76. Die Spezialisten der Volga-Dnepr Airlines hatten den Auftrag für diesen heiklen Transport übernommen und zusammen mit einer Crew von Lufthansa Technik ein Konzept erstellt.
Viele Jahre war es still um die Maschine gewesen. Das Flugzeug welches das Symbol des "Deutschen Herbstes" ist und damit auch für die Stärke des Rechtsstaates gegen den Terror steht, vergammelte seit neun Jahren am Rande des Flughafen von Fortaleza in Brasilien. Als im Frühjahr dieses Jahres die Teilprivatisierung des Flughafens entschieden wurde, sollte der Flughafen von den herumstehenden alten Flugzeugen befreit werden. Darunter war auch die berühmte Maschine mit der Baunummer 20254. Als man im deutschen Außenministerium Wind von der Sache bekam, wurde entschieden das Wrack für 20.000 € zu kaufen. Mit dem Dorniermuseum in Friedrichshafen konnte ein Partner gewonnen werden, der bereit war, die Boeing in seine Ausstellung aufzunehmen.
Vor Ort in Brasilien trafen auch einige der Protagonisten von damals wieder auf das Flugzeug. "Es war sehr emotional.", so Diana Müll, eine der Geiseln von 1977. Mit vor Ort waren auch die ehemalige Stewardess Gabriele von Lutzow und Copilot Jürgen Vietor, der die angeschlagene "Landshut" von Aden nach Mogadischu alleine fliegen musste, nachdem der Anführer der Terroristen den Kapitän Jürgen Schumann erschossen hatte. Während Frau von Lutzow ihren Beruf aufgab und erfolgreiche Künstlerin wurde, flog Jürgen Vietor bis zu seinem 60. Lebensjahr weiter Verkehrsmaschinen bei der Lufthansa.
Seit einigen Wochen war ein 15-köpfiges Team von Lufthansa Technik mit der Zerlegung der Maschine in Fortaleza beschäftigt. Dabei ging es oftmals nicht ohne eine gehörige Portion an Improvisationsvermögen. 4000 Arbeitsstunden in Brasilien liegen hinter der Crew und dabei war es nicht immer ein Vergnügen an der Landshut zu schrauben. Bei teilweise 60 Grad Innenraumtemperatur im liegen im Flugzeugtank die Nieten zu lösen war keine leichte Aufgabe. Dennoch so resümiert Martin Brandes, Projektleiter "Landshut" bei der LH-Technik, sind alle stolz, Teil dieser historischen Aufgabe zu sein. Trotz der langen Standzeit war der Rumpf in einem recht ordentlichen Zustand. Zwar nicht mehr flugfähig, dennoch aber stabil genug, den Transport auf dem Luftweg zu wagen.
Hierfür zeichnete die russische Fluggesellschaft Volga-Dnepr verantwortlich. Seit vielen Jahren ist die Airline ein Experte bei schwierigen Transportfragen und die Antonov An-124 besitzt den größten Frachtraum in der zivilen Luftfahrt. Gemeinsam mit LH-Technik entwickelte man die Transportvorrichtungen, welche die einzelnen Teile der "Landshut" sicher tragen konnten und selbst Belastungen von 16G sicher überstehen würden. Gefertigt wurden die Gestelle dann vor Ort in Brasilien. Hier war Präzision gefragt, der Innenraum der Antonov ist 4,45 m hoch. Der Rumpf der Landshut misst genau 4 Meter und das Gestell 40 Zentimeter. Somit blieben nur noch 5 cm Spielraum bis zur Decke.
Den Flug selbst beschrieb Martin Brandes als nicht eben angenehm. Es war laut, dunkel und heiß im Inneren des riesigen Transporters. Nach dem Start um 22:00 Uhr deutscher Zeit in Fortaleza nahm die Antonov erst einmal Kurs auf die Kapverdischen Inseln um zu tanken. Gegen 02:00 Uhr nachts konnte man von dort vermelden, "Alles läuft nach Plan". Für den Weiterflug wurde nur so viel getankt wie nötig, um bei der Landung in Friedrichshafen größtmögliche Sicherheitsreserven zu haben. Die Route führte über Portugal und Santiago de Compostella weiter über die Bucht von Biskaya und La Rochelle. Südlich an Paris vorbei und dann direkt Kurs nach Friedrichshafen. Hier wurde das Flugzeug von den zahlreichen Schaulustigen schon sehnlichste erwartet.
Es ist der 13. Oktober 1977, seit Monaten hält der Terror der Roten Armee Fraktion Deutschland in Atem und in Stuttgart-Stammheim findet der Prozess gegen die Köpfe der RAF statt. Eine zuvor erfolgte Entführung von Arbeitgeberpräsident Hans-Martin Schleyer brachte nicht den gewünschten Erfolg, die Freilassung der Häftlinge von Stammheim. So wandte man sich an die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) und bat um Hilfe. Diese bot den deutschen "Genossen" zwei Optionen an, ein Attentat auf die Botschaft in Kuwait oder die Entführung einer Linienmaschine. Und so nahm das Unheil an diesem Tag seinen Lauf. Flug LH181 von Palma de Mallorca nach Frankfurt hat an diesem Tag rund 90 Menschen an Bord. Unter ihnen auch die vier Entführer.
Schon kurz nach dem Start bringen diese die Maschine unter ihre Kontrolle und zwingen die Crew zur Kursänderung in Richtung Rom. Hier wird das Flugzeug aufgetankt und fliegt weiter in Richtung Osten. Beim nächsten Stopp in Larnaca auf Zypern versucht ein Vertreter der PLO mit den Geiselnehmern zu verhandeln. Der Versuch scheitert jedoch und man muss das Flugzeug schließlich ziehen lassen. Nun beginnt ein wahrer Irrflug, kein Land am Golf möchte mit in die Entführung verwickelt werden und so erhält die Landshut nirgends eine Landeerlaubnis. Schließlich darf die Boeing in Dubai zwischenlanden und auftanken. Das Ziel der Entführer ist zu diesem Zeitpunkt Aden, die Hauptstadt des Südjemens. Der dortige Präsident ist ein Unterstützer der PLLP und man wähnt sich schon in Sicherheit.
Doch es kommt anders, Aden verweigert der Maschine ebenfalls die Landung und man blockiert die Landebahn und die Rollwege mit Fahrzeugen. So bleibt auch aufgrund des Treibstoffmangels nur die Notlandung im Wüstensand neben der Bahn. Die Entführer erlauben dem Kapitän Jürgen Schumann die Maschine auf mögliche Beschädigungen zu untersuchen. Dieser nutz die Chance und geht ins Flughafengebäude um mit den dortigen Behörden über das weitere Vorgehen zu verhandeln. Diese verweigern jedoch jegliche Zusammenarbeit und so kehrt Schumann in die "Landshut" zurück. Für seinen "Verrat" wird er vom Anführer der Terroristen in der Kabine erschossen.
Nach dem Auftanken startet die Boeing wieder. Copilot Vietor muss die beschädigte "Landshut" nun allein nach Mogadischu bringen. Hier soll es nun enden. Die Terroristen wissen, dass sie nirgends anders mehr hinkönnen und kündigen die Sprengung des Flugzeuges mit all seinen Insassen an, sollte die Bundesregierung nicht doch noch nachgeben und die Gefangenen freilassen. Mit mehreren Tricks gelingt es das Ultimatum immer weiter nach hinten zu verzögern. Schließlich geht man zum Schein auf die Forderung ein und bietet den Austausch der Gefangenen in Mogadischu an. Tatsächlich befindet sich zu diesem Zeitpunkt die GSG9 schon auf dem Weg nach Afrika. In der Nacht auf den 18. Oktober nähern sich die Beamten der Landshut und verschaffen sich gewaltsam Zutritt zur Maschine.
Beim anschließenden Feuergefecht werden drei der Terroristen getötet und ein GSG9-Mann verletzt. Eine der Terroristinnen überlebt ebenfalls schwerverletzt. Eine Handgranate, welche einem der Getöteten aus der Hand rollt explodiert zwar, richtet jedoch keinen Schaden an. So kann kurz nach Ende der Operation "Feuerzauber" Kanzleramtsminister Wischnewsky, der ebenfalls mit nach Mogadischu gereist war, die erfolgreiche Befreiung aller 86 Geiseln vermelden. Am nächsten Tag findet man in Stuttgart-Stammheim die Leichen von Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Enslin in ihren Zellen. Einen Tag später wurde auch der Leichnam von Hans-Martin Schleyer im Kofferaum eines Audis im Elsass entdeckt. Damit endete der "Deutsche Herbst".
Mit der Landung in FDH ist nunmehr die Staatsministerin für Kultur für das Projekt verantwortlich. Unter ihrer Federführung wird ein Ausstellungskonzept entworfen. Wenn dieser Schritt abgeschlossen ist, werden am Dorniermuseum die notwendigen Arbeiten durchgeführt. Die Landshut wird auf dem Museumsgelände einen eigenen Trakt bekommen, welcher auch separat besucht werden kann. Wenn das Konzept steht, wird mit den Restaurierungsarbeiten an der Maschine begonnen. Museumschef David Dornier rechnet mit der Eröffnung der Ausstellung im Oktober 2019, also 42 Jahre nach dem Ende des "Deutschen Herbstes". Wer sich über den aktuellen Stand des Projektes informieren will, findet alles Wissenswerte unter www.die-landshut.de.