Jedes Jahr ist der Air Show Kalender in Japan dicht gepackt. Nicht nur die Luftwaffe, sondern auch die Army und die Marine veranstalten mehrere Events auf ihren Flugplätzen. Überhaupt ist die Einstellung der Bevölkerung zu ihren Streitkräften eine grundlegend andere, als in Deutschland. Das mag daran liegen, dass man nicht von Freunden „umzingelt“ ist, sondern von Russland, China und Nordkorea. Mit allen drei Ländern hat man einen mehr oder minder aktuellen politischen Konflikt. Japans Streitkräfte haben einen reinen Verteidigungsauftrag, auch wenn die neueste Änderung der Verfassung die Beteiligung an internationalen Missionen zulässt.
Genau genommen liegt die Heimat des Testverbandes gar nicht in Gifu selbst, sondern in der relativ kleinen Stadt Kakamigahara. Die Show der Aircraft Development and Test Wing, kurz ADTW genannt, ist meistens im Spätherbst. Sie ist die beste Gelegenheit möglichst viele Maschinen vor die Linse zu bekommen. An normalen Tagen ist der Flugbetrieb für japanische Verhältnisse eher verhalten. Eine Besonderheit sind die Formationen aus mehreren Flugzeugtypen. Praktisch jeder Typ der in der JASDF verwendet wird, wurde zuerst hier geflogen. Derzeit laufen das Testprogramm für das neue Transportflugzeug C-2 und seit kurzem auch die Flugversuche des bei Mitsubishi entwickelten Stealth Fighter X-2.
Die Testeinheit fliegt bis heute auch einige der Prototypen von japanischen Eigenentwicklungen, hierzu zählen die 28-1001. Sie war die erste Kawasaki C-1 und dient jetzt als Versuchsträger. Aber auch die allerersten F-4 Phantom und F-15 Eagle sind derzeit noch im Bestand der Einheit. Entwickelt und getestet werden in Gifu aber nicht nur Flugzeuge, sondern auch Waffen und Triebwerke. Ein System ist der unbemannte Flugkörper TAMCO. Er verfügt über Stealtheigenschaften und wird von einem Trägerflugzueg, z.B. einer F-15 auf Höhe gebracht. Einmal abgeworfen fliegt er seine Mission und wird vom Boden aus gesteuert oder operiert eigenständig.
Jedes Jahr am 03. November findet in Iruma die größte Air Show der JASDF statt. Am „Tag der Kultur“ haben die meisten Japaner frei und so wundert es nicht, dass jährlich rund 250.000 Menschen auf den Flugplatz am Rande der Hauptstadt Tokyo pilgern. Präsentiert werden die Maschinen der dort stationierten Verbände, bis auf die Flugzeuge die für die Aufklärung bzw. Electronic Warfare genutzt werden. Der Höhepunkt der Show ist das Programm der Blue Impulse, Japans Kunstflugstaffel. Wenn die Piloten zu ihren Maschinen gehen, ist im Publikumsbereich kein freier Platz mehr zu erhaschen und die sonst so freundlichen Menschen verteidigen ihre Position mit verbissenen Mienen.
Wenn es am Vormittag noch etwas ruhiger ist, drehen T-4 der Shireibu Hikotai sowie C-1 und Gulfstream der 402 Hikotai ihre Runden für das Publikum. Vorführungen von Kampfjets gibt es in Iruma nicht. Wohl deshalb, weil sich an beiden Enden des Platzes Krankenhäuser befinden. Ausländische Maschinen sucht man auch in Iruma bis auf wenige Ausnahmen vergebens. Wie in jedem Jahr beteiligten sich eine UH-1 und eine Beech 1900C der USAF aus dem benachbarten Yokota am Static Display. Trotz der ungeheuren Menschenmenge läuft aber alles sehr ruhig und diszipliniert ab, im weltgrößten urbanen Ballungsraum hat man Routine in der Bewältigung derartiger Massen.
Die 11 Hikotai, wie die Staffel offiziell heißt, ist das Aushängeschild der JASDF. Täglich bis zu viermal wird auf der Heimatbasis in Matsushima in der Präfektur Miyagi trainiert. Die Base im Norden des Landes war vom Tohoku Erdbeben besonders stark betroffen. Direkt am Meer gelegen wurde ein Großteil der Maschinen und Einrichtungen durch den anschließenden Tsunami zerstört. Das ebenfalls zerstörte AKW Fukushima liegt nur rund 80 km südlich des Platzes. Mittlerweile ist alles wieder aufgebaut und der Flugbetrieb läuft weitestgehend normal. Zum Schutz umgibt heute ein hoher Wall den Flugplatz.
Die Piloten der Staffel genießen in Japan ein hohes Ansehen und haben den Status von Popstars. Jedes Kunstflugmanöver wird durch die Zuschauer mit einem „Aaaaah“ oder „Ohhhhh“ kommentiert. Nach der Landung müssen sie sich den Weg zurück durch eine begeisterte Menschenmenge ´bahnen und jeder versucht einen Blick zu erhaschen oder sogar ein „Give me Five“. Das Programm besteht aus einigen Formationen und verschiedenen Soloeinlagen. Dabei überfliegen sie dreimal das Publikum. Etwas, was seit der Katastrophe von Ramstein in Europa undenkbar ist. Besonders beliebt sind die Bilder, die sie an den Himmel zeichnen, einen Baum, einen Stern und natürlich auch ein Herz.